Können Verträge online geschlossen werden?

26. Mai 2021Verträge und Gesetze

Anmerkung
Als Nicht-Jurist*innen dürfen und wollen wir keine Rechtsberatung leisten. Für die Aktualität und Richtigkeit der Informationen übernehmen wir keine Haftung.

Zunächst gilt es zu wissen, dass es unterschiedliche Formen für gegenseitige Willenserklärungen gibt:

  • Schlüssiges Verhalten (z.B. Einkauf auf das Kassenband legen und die Ware bezahlen).

  • Mündlich

  • Textform

  • Schriftform

  • Elektronische Form

  • Öffentliche Beglaubigung
  • Notarielle Beurkundung

Bestimmte Verträge erfordern dabei einen bestimmten Abschluss, damit sie Gültigkeit erlangen.

Achtung: Mündliche Verträge sind zwar wirksam, im Falle eines Streits kann der Vertragsinhalt allerdings nicht bewiesen werden. Dann ist ein schriftlicher Vertrag viel wert. Unter diesem “schriftlich” kann die Schriftform, die elektronische Form, die Textform, die öffentliche Beglaubigung oder die notarielle Beurkundung verstanden werden.

Was ist der Unterschied zwischen Textform, Schriftform, elektronischer Form, Öffentlicher Beglaubigung und notarieller Beurkundung?
Die Textform nach §126b BGB

liegt vor, wenn eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Verträge in Textform sind somit Vereinbarungen per E-Mail.

Oftmals ist die Textform ausreichend und genügt als Beweis vor Gericht. Der Unterschied zur Schriftform besteht darin, dass es keine physische Urkunde sein muss und dass Sie diese nicht händisch unterschreiben müssen. Online ausgehandelte und elektronisch unterschriebene Verträge gelten in einem Prozess zwar nicht als Urkunde im Sinne der Zivilprozessordnung – dennoch kann sich das Gericht durch sogenannte „richterliche Inaugenscheinnahme“ davon überzeugen, dass der Vertrag mit dem Inhalt geschlossen wurde, den es aus dem jeweiligen Text herauslesen kann.

Die Schriftform nach §126 BGB

erfordert, dass der Vertrag in Papierform mit händischer Unterschrift oder notarieller Beurkundung vorliegt.

In §126a BGB ist für die elektronische Form festgehalten, dass diese die geforderte Schriftform ersetzt, wenn die Urkunde mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wurde. Dies ist ein Vorgehen, bei dem die unterschreibenden Personen identifiziert werden – das einfache Einscannen einer Unterschrift reicht hier bspw. nicht!

Die Öffentliche Beglaubigung nach §129 BGB

ist die Bestätigung der Echtheit der Unterschrift bzw. des Handzeichens.

Dabei wird bestätigt, dass die im Dokument benannte Person und die Unterschrift leistende Person ein und dieselbe sind.

Die Notarielle Beurkundung §128 BGB

ist die sicherste Form des Vertragsabschlusses.

Darunter wird ein Vorgang verstanden, bei dem ein:e Notar:in die Identität und Geschäftsfähigkeit der unterschreibenden Personen bestätigt. Zusätzlich liest der bzw. die Notar:in das Dokument vor Ableisten der Unterschrift den Vertragsparteien vor. Somit kann interpretiert werden, dass den Vertragsparteien der Inhalt des Dokuments bekannt war und sie diesen Vertrag willentlich abgeschlossen haben.

Besondere Formvorschriften für besondere Verträge

Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen eine ganz bestimmte Form zwingend erforderlich ist . Zwei mögliche Gründe kommen dafür in Betracht:

  • Mindestens eine der Vertragsparteien ist besonders schutzbedürftig oder

  • die Art des Vertrages hat so gravierende Folgen, dass eine besonders strenge Form die Tragweite des Vertrags vor Augen führen soll.

Diese Erfordernisse sind gesondert geregelt und werden nachfolgend aufgelistet (kein Anspruch auf Vollständigkeit, wenn auch nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen):

Die in §126 BGB erläuterte Schriftform ist erforderlich bei:

  • Verbraucherdarlehensvertrag

  • Mietvertrag über Wohnraum und Gewerbe von über einem Jahr

  • Kündigung des Arbeitsvertrages oder Mietvertrages

  • Befristeter Arbeitsvertrag

  • Bürgschaft einer natürlichen Person

  • Patientenverfügung

  • Schuldversprechen bzw. Schuldanerkenntnis

  • Pflegevertrag bzw. Heimvertrag

  • Leibrente

  • Quittung

  • Scheck

  • Festhalten von Rechtsanwaltsgebühren

Die notarielle Beurkundung nach §128 ist laut BGB erforderlich bei:

  • Grundstücksverträgen

  • Erbvertrag

  • Ehevertrag

  • Schenkungsversprechen

  • Gründung einer AG oder GmbH (und Änderung der Gesellschaftsanteile)

Grundlegend gilt

Eine „höhere“ Form (bspw. Schrift- anstatt der geforderten Textform) ist immer möglich. Umgekehrt ist das Herabstufen der gesetzlich festgelegten Formerfordernis nicht möglich.

Sonderfall: Verbraucherverträge vor dem 1. Oktober 2016

Bei Verbraucherverträgen, die vor dem 1. Oktober 2016 geschlossen worden, greifen u.U. noch die damit vereinbarten AGBs. Sollten diese z.B. enthalten, dass die Vertragskündigung die Schriftform erfordert, so ist dies weiterhin notwendig. Bei Verbraucherverträgen ab dem 1. Oktober 2016 entfällt die Schriftformerfordernis (mit Ausnahme der o.g. Situationen).

Fazit

Selbstverständlich können Sie Verträge online schließen. In den meisten Fällen ist das schnell, effizient und auch empfehlenswert. In Ausnahmefällen erfordert das Gesetz strengere Formen, d.h. die Schriftform oder die notarielle Beurkundung.